Blauzungenkrankheit

Allgemeines

Die Blauzungenkrankheit ist eine Viruserkrankung, die hauptsächlich Schafe und Rinder betrifft, aber auch Ziegen und andere Wiederkäuer befallen kann. Sie wird durch das Blauzungenvirus (BTV) verursacht und über Mücken der Gattung Culicoides übertragen. Menschen sind nicht gefährdet.

Es handelt sich um eine anzeige- und bekämpfungspflichtige Tierseuche.

Eine Ansteckung mit dem Virus hat erhebliche Auswirkungen auf betroffene Tiere. Die Schwere der Symptome kann je nach Tierart, Rasse und Gesundheitszustand variieren, sie äußern sich wie folgt: 

  • Fieber: Erhöhte Körpertemperatur ist oft eines der ersten Anzeichen.
  • Schwellungen und Entzündungen: Besonders an der Zunge, Lippen, Ohren und im Bereich des Kopfes.
  • Blutungen: Kleine Blutungen in den Schleimhäuten des Mundes und der Nase.
  • Blauverfärbung der Zunge: Aufgrund von Durchblutungsstörungen, was der Krankheit ihren Namen gibt.
  • Speichelfluss und Nasenausfluss: Übermäßige Sekretion aus den Speicheldrüsen und der Nase.
  • Lahmheit: Entzündungen an den Klauen führen zu schmerzhafter Lahmheit.
  • Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust: Durch Schmerzen im Maul und allgemeines Unwohlsein fressen die Tiere weniger.

Langfristig kann die Blauzungenkrankheit zu Wachstumsstörungen führen, insbesondere bei jungen Tieren. Bei laktierenden Tieren wird die Milchproduktion stark beeinträchtigt, was erhebliche wirtschaftliche Verluste zur Folge hat. Das Immunsystem der betroffenen Tiere wird geschwächt, wodurch sie anfälliger für andere Krankheiten werden. Auch Fortpflanzungsprobleme wie Fruchtbarkeitsstörungen, Fehlgeburten und Totgeburten können auftreten.

In schweren Fällen kann die Krankheit zum Tod führen, insbesondere bei Schafen, was die Sterblichkeit in den Herden erhöht. Die wirtschaftlichen Verluste für die Tierhalter sind erheblich, da neben den direkten Verlusten durch den Tod von Tieren auch reduzierte Produktivität, erhöhte Tierarztkosten, Impfkosten und Maßnahmen zur Seuchenbekämpfung zu Buche schlagen. 

Aktuelle Informationen

Am 3. September 2024 trat im Alb-Donau-Kreis der erste Fall von BTV-3 in einem Schafbestand auf. Baden-Württemberg ist bereits seit Anfang August von Serotyp 3 der Blauzungenkrankheit betroffen und gilt damit nicht mehr als frei.

Laut dem EU-Tiergesundheitsrecht sind Tierhalter/Unternehmer zuständig für die Gesundheit ihrer Tiere. Hierzu gehört unter anderem:

  • Das Ergreifen geeigneter Maßnahmen zum Schutz vor biologischen Gefahren, z.B. dem Eintrag von Tierseuchen in den eigenen Bestand
  • Die Überwachung des eigenen Bestandes, um das Auftreten von Tierseuchen zu erkennen
  • Das Hinzuziehen eines Tierarztes, sofern erforderlich, z.B. beim Auftreten von Symptomen, die auf eine Tierseuche hindeuten

Konkrete Maßnahmen zum Schutz vor der Blauzungenkrankheit umfassen derzeit hauptsächlich die Impfung empfänglicher Tiere. Bei Auftreten von Symptomen der Blauzungenkrankheit sollten sofort der bestandsbetreuende Tierarzt und das Veterinäramt informiert werden.

Zur Untersuchung von EDTA-Blutproben durch praktische Tierärzte muss der HIT-Untersuchungsantrag verwendet werden.

Zur Abwehr der stechenden Insekten (Gnitzen) kommt der Einsatz von Insektiziden und Repellentien (= Mittel zur Insektenabwehr) in Frage. Es ist nicht absehbar, dass die Gnitzenaktivität in nächster Zeit nachlässt, da aus anderen Ländern auch noch Übertragungen bei niedrigen Außentemperaturen nachgewiesen wurden. Somit ist die prophylaktische Anwendung von z. B. Pour-On-Präparaten anzuraten. Auch die Behandlung erkrankter Tiere ist insofern sinnvoll, dass die Übertragung des Virus eingedämmt wird, indem die Aufnahme von infiziertem Blut durch bisher virusfreie Insekten und die folgende Übertragung auf uninfizierte Tiere beim nächsten Stich möglichst verhindert wird.  

Impfungen gegen die Blauzungenkrankheit

Das Bild zeigt ein Schaf, das gegen die Blauzungenkrankheit geimpft wird.

Eine wirksame Bekämpfung ist nur durch Impfung möglich. Es existieren mehrere Varianten des Virus (sog. Serotypen). Impfstoffe schützen nur gegen bestimmte Serotypen. In Deutschland kamen bislang nur die Serotypen 4 und 8 vor, für beide existieren zugelassene Impfstoffe. Diese wirken allerdings nicht gegen den im Herbst 2023 neu aufgetretenen Serotyp 3. Dieser breitet sich seitdem aus den Niederlanden über Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen immer mehr aus. Bislang existierte keine wirksame Impfung.

Per Eilverordnung vom 6. Juni 2024 wurde nun die Anwendung von drei Impfstoffen deutschlandweit erlaubt. Sie wurden zur Anwendung freigegeben, bevor der langwierige Prozess der EU-Zulassung komplett abgeschlossen ist, um eine weitere Ausbreitung der Tierseuche schnellstmöglich aufzuhalten. Die Impfstoffe sind nicht offiziell zugelassen und dürfen nun so lange eingesetzt werden, wie kein Impfstoff mit EU-Zulassung vorhanden ist. Bei den Impfstoffen handelt es sich um

  • Bultavo 3 der Firma Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH
  • Bluevac-3 der Firma CZ Vaccines S.A.U.
  • Syvazul BTV 3 der Firma Laboratorios Syva S.A.

Diese Impfstoffe schützen vor Todesfällen, verhindern einen schweren Verlauf der Erkrankung und verringern die Viruszirkulation im Blut der Tiere. Das Risiko einer weiteren Übertragung der Krankheit wird damit reduziert.

Aktuelle Informationen des Friedrich-Löffler-Institutes zur Grundimmunisierung empfehlen eine zweimalige Impfung aller Tiere (auch Schafe) im Abstand von 3 bis 4 Wochen für eine wirksame Antikörperproduktion. Die Wirksamkeit der Impfung beginnt, abhängig vom Impfstoff, ca. 3 bis 4 Wochen nach Abschluss der Grundimmunisierung.

BTV-8 und BTV-4 zirkulieren weiterhin ebenfalls in Europa. Tierhaltenden wird dringend empfohlen, ihre empfänglichen Tierbestände (Wiederkäuer und Kamelartige, insbesondere Rinder, Schafe und Ziegen) gegen alle drei Serotypen (BTV-3, -4 und -8) impfen zu lassen.

Die Impfungen werden vom Land und der Tierseuchenkasse bezuschusst. Die Höhe der Zuschüsse beträgt:

  • BTV-3: Landesweit pro Rind 2,00 Euro, pro Schaf 2,40 Euro (Erhöhung auf 2,40 Euro gilt auch rückwirkend auf in der Vergangenheit erfolgte Impfungen) und bei Ziegen 0,90 Euro
  • BTV-4 und BTV-8:
    • Impfzone 3: Rind 1,00 Euro, Schaf 0,65 Euro und Ziege 0,40 Euro
    • Impfzone 2: Rind 2,00 Euro, Schaf 1,30 Euro und Ziege 0,80 Euro
    • Impfzone 1: Rind 3,50 Euro, Schaf 1,90 Euro und Ziege 1,40 Euro

Die Impfungen müssen im HIT-System unter Angabe des Serotyps eingetragen werden, um die Zuschüsse in Anspruch nehmen zu können. Zuschüsse werden für die Erstimpfung und alle Folgeimpfungen gewährt, sofern diese im HIT-System eingetragen sind.

Stellungnahme STIKO-Vet zur Impfung empfänglicher Wiederkäuer gegen BTV-3 (PDF | 510,5 KB)

Verbringungsbeschränkungen

Mit dem Verlust des Status „frei vom Virus der Blauzungenkrankheit“ ergeben sich Beschränkungen im Handel mit Tieren sowohl innerhalb Deutschlands als auch ins EU-Ausland. Die genauen Regelungen können Sie dem Merkblatt des STUA Aulendorf (PDF | 1,353 MB) entnehmen.

Das Verbringen von Rindern, Schafen, Ziegen und gehaltenen Wildwiederkäuern innerhalb von Baden-Württemberg und auch in andere nicht-BTV-freie Gebiete innerhalb Deutschlands ist ohne vorherige Impfung oder Laboruntersuchung möglich, sofern die Tiere beim Verbringen keine Krankheitssymptome auf die Blauzungenkrankheit aufweisen. Derzeit (Stand 04.09.2024) ist ganz Deutschland BTV-3-Restriktionsgebiet. 

Die Verbringung von Tieren in andere EU-Länder unterliegt länderspezifischen Restriktionen. Vor einer geplanten Verbringung nehmen Sie bitte daher immer Kontakt mit dem Fachdienst Veterinärangelegenheiten Kontakt auf. Die Tiere müssen für die Verbringung in freie Gebiete von einer Tierhaltererklärung begleitet sein (siehe Downloads) und verschiedene Anforderungen erfüllen (z. B. PCR-Test, Impfung, Behandlung mit Repellentien…).

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